Das Drama-Dreieck - Der Verfolger, der Retter und das Opfer

Psychologische Spielchen in Unternehmen

von Anke Lüneburg

Alle kennen das: Führungskräfte und Mitarbeiter spielen Rollen im Unternehmensalltag: Ob es um nicht eingehaltene Deadlines geht, um Beförderungen oder Sonderaufgaben in Projekten, Teilzeitkräfte gegen Vollzeitangestellte oder Urlaubsplanung. Nicht selten führen diese Rollen und die Nicht-Fähigkeit, aus diesen auszusteigen, zu handfesten Konflikten.

Das Drama-Dreieck

Stephen Karpman hat Ende der 1960er Jahre das sogenannte Drama-Dreieck entwickelt, das helfen kann, sich die eigene Rolle und die der anderen bewusst zu machen und aus ihr auszusteigen. Es zeigt drei unterschiedliche, aufeinander bezogene Rollen, die Menschen in Konflikten, aber auch in anderen Lebenssituationen übernehmen, um eigene Ziele durchzusetzen und andere zu beeinflussen: Der Verfolger, der Retter und das Opfer. Menschen spielen psychologische Spiele mit diesen Rollen, in denen verdeckte Transaktionen laufen, um zu beweisen, dass die andere/n Person/en oder die eigene Person nicht ok ist.

Ursache des Rollenspiels

Auch diese Rollen resultieren aus der Kindheit: Wenn Gefühle wie Wut oder Verletzungen in der Herkunftsfamilie nicht durch Weinen gezeigt werden durften, aber "Türen knallen" und "herumschreien" akzeptiert war, übernimmt ein Mensch die Rolle des Verfolgers. Wenn ein Kind keine eigenen Bedürfnisse äußern oder haben durfte, sondern immer zugunsten der Eltern verzichten musste, wird es die Opferrolle einnehmen. Retter wiederum bekamen nur Anerkennung, wenn sie früh Verantwortung übernommen haben, z. B. für jüngere Geschwister oder kranke Angehörige.

Gemeinsam ist allen Rollen, dass echte Gefühle nicht gezeigt und gelebt werden durften, sondern Anerkennung erfolgte nur durch sog. "Gefühlsmaschen" (Rüttinger 1999, S.51), also Manipulierung. Hier sehen Sie in einer Grafik die Rollen der drei Konfliktpartner:

Spielchen im Unternehmensalltag

Insbesondere im beruflichen Kontext wird das Drama-Dreieck häufig (unbewusst) genutzt, denn Führungskräfte und Mitarbeitende füllen "kraft Amtes" Rollen aus, die denen des Drama-Dreiecks entsprechen. Wenn eine Führungskraft z. B. die Rolle des Verfolgers einnimmt ("Warum ist das Projekt nicht fertig, wir haben heute Deadline!"), übernimmt ein Mitarbeiter automatisch die Rolle des Opfers ("Wir hatten so viele andere dringende Aufgaben!"). Kommt eine zweite Mitarbeiterin dazu, um zum Thema Stellung zu nehmen, könnte sie die Rolle der Retterin übernehmen: "Sie selbst haben doch am letzten Freitag entschieden, dass wir erst die Kundenaufträge fertigstellen sollen, bevor wir dieses Projekt weiter bearbeiten!" Wenn die Führungskraft diese Aussage bestätigen muss, wechselt sie in die Opferrolle; die beiden Mitarbeitenden werden zu Verfolgern.

Ausstieg aus den Psychospielchen

Führungskräfte und Mitarbeitende sind im Drama-Dreieck, wenn sie sich rechtfertigen, Beschuldigungen aussprechen, meinen, recht zu haben oder sich ungerecht behandelt fühlen. Es ist daher hilfreich, sein eigenes Verhalten zu überprüfen: In welche Rolle gerate ich schnell? Wie kann ich aus dem Drama-Dreieck aussteigen? Wie kann ich mich mit meinen Gefühlen positionieren, ohne in das Drama einzusteigen?

Wenn Sie diese Fragen für sich ehrlich beantwortet haben und sie mit Ihren Ergebnissen aus den Übungen zur Selbstführung (siehe meine Texte „In fünf Schritten zur Führungskraft“) verknüpft haben, sind Sie in der Lage, auf der Erwachsenen-Ebene zu kommunizieren und Ihre Mitarbeitenden (und Führungskräfte) zu Stellungnahmen und Verantwortungsübernahme zu zwingen sowie ihre Probleme selbst zu lösen. Techniken zur Verhandlungs- und Gesprächsführung tragen ebenso dazu bei, aus Rollenspielen auszusteigen.

Quellenangaben:

Rüttinger, R. (1999): Transaktionsanalyse. Arbeitshefte Führungspsychologie Band 10. 7.Auflage. Sauer-Verlag, Heidelberg

Hintz, A.J. (2013): Erfolgreiche Mitarbeiterführung durch soziale Kompetenz. Eine praxisbezogene Anleitung. Springer Gabler Verlag, Wiesbaden.

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