Drei Gründe für Fehlentscheidungen bei der Personalauswahl im Management und zwei gute Möglichkeiten, um sie zu vermeiden
von Anke Lüneburg
Woran liegt es, dass oft Menschen in Positionen kommen, für die sie offensichtlich nicht geeignet sind? Und das wird erst festgestellt, wenn jemand bereits da ist und es konkrete Auswirkungen auf eine Abteilung oder sogar auf das Unternehmen hat?
Untersuchungen zeigen, dass Intelligenz, soziale Kompetenzen, eine ausgereifte Persönlichkeit und Wissen über sich selbst wichtige Kompetenzen sind, damit insbesondere Führungskräfte ihren Job gut machen können.
Die folgenden drei Gründe führen zu Fehlentscheidungen:
- Die genannten Führungskompetenzen werden im Bewerbungsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt: Entscheider – Firmenchefs und Personaler - gehen davon aus, dass Menschen, die schon viele Jahre im Beruf sind, all diese Kompetenzen mitbringen – und überprüfen nicht, ob es tatsächlich so ist.
- Die meisten Bewerbungsgespräche werden nicht vorbereitet und mit einem strukturierten Leitfaden geführt, so dass so mancher Bewerber mit seiner „Show“ beeindrucken kann.
- Es wird davon ausgegangen, dass jemand aus einem renommierten Unternehmen automatisch eine gute Führungskraft ist.
Die Folgen
Menschen übernehmen Managementaufgaben, denen dafür die Fähigkeiten fehlen, die möglicherweise Entscheidungen schwer treffen können und wenig konfliktfähig sind. Dafür führen sie autoritär und kontrollierend, obwohl ihr Wissen geringer ist als das ihrer Mitarbeiter. Im schlimmsten Fall handeln sie impulsiv aufgrund von emotionaler Labilität, sehen nur ihren eigenen Vorteil und handeln ausschließlich nach eigenen Regeln.
Manchmal trennen sich Unternehmen von solchen Führungskräften und Mitarbeitern – oft genug bleiben sie jedoch Jahre dort und sind eine Zumutung für Teams und manchmal auch Kunden.
Daher stellt sich die Frage: Wie können Unternehmen solche Fehlentscheidungen verhindern?
Immer mehr Unternehmen setzen Persönlichkeits-Tools ein, die ihnen sagen sollen, ob jemand zum Unternehmen und ins Team passt. Sie wollen auch wissen, wie sich jemand in bestimmten Situationen verhält oder wie belastbar jemand ist. Es gibt eine große Auswahl von Tools, die sich jedoch sehr stark in ihrem Nutzen und in ihrer Qualität unterscheiden – vor allem, wenn man der gesamten Persönlichkeit eines Menschen gerecht werden will. Und wie notwendig das ist, zeigte das Beispiel der nicht geeigneten Führungskräfte.
Welche Tests oder Tools gibt es, die Unternehmen nutzen könnten?
Sehr bekannt sind Tests und Analysen, die Menschen in Typen einteilen wollen, z.B. „du bist ein introvertierter Typ“ oder „du bist ein emotionaler Typ“. Und damit auch sagen wollen „als introvertierter Typ kannst du nicht führen!“. Es werden also Stereotypen entwickelt -und dann wundern sich Entscheider, dass es im Unternehmensalltag nicht funktioniert.
Stereotypen werden der Vielfalt der menschlichen Persönlichkeit nicht gerecht –Menschen sind weit mehr als Typen, jede Frau und jeder Mann hat ganz eigene Persönlichkeitsmerkmale – und je nach Zahl der Merkmale gibt es Tausende und Millionen unterschiedliche Facetten von Persönlichkeit – nicht nur gelbe, rote, blaue oder grüne Typen.
Die Typen-Lehre, die u.a. auf C.G. Jung aus den 1920er Jahren (!) basiert, teilt die Menschheit schlicht in vier Typen ein – und wird noch heute von unterschiedlichen Anbietern genutzt – auch wenn schon fast 100 Jahre vergangen sind und es viele neue (wirtschafts-)psychologische Erkenntnisse gibt.
Sehr informativ ist das Video des Wirtschaftspsychologen Prof. Dr. Uwe Peter Kanning von der Hochschule Osnabrück: „Ist es sinnvoll, Menschen in Typen einzuteilen?“ https://www.youtube.com/watch?v=ER2dCdW-CJA
Hier erfahren Interessierte mehr zur Herkunft der Typenlehre und warum es Menschen und ihrer Persönlichkeit nicht gerecht wird. Und: Warum andere Wege zur Personalentwicklung und -auswahl genutzt werden sollten, um die richtigen Mitarbeitenden und Führungskräfte zu finden. Denn: Die gesamte Unternehmenswelt ist komplex – die Organisation, die Fachbereiche, die Entwicklung – warum sollte ausgerechnet der Personalbereich nicht komplex sein? Insbesondere, weil er mit Menschen zu tun hat?
Welche Persönlichkeitsanalysen könnten also der Komplexität der menschlichen Persönlichkeit gerecht werden und bei der Personalauswahl unterstützen?
Es gibt zwei wichtige Punkte: Sie sollten sich auf wissenschaftlich fundierten Grundlagen mit ausreichender Datenbasis stützen und die Ergebnisse sollten eine hohe Messgenauigkeit und -zuverlässigkeit aufweisen. Und das Wichtigste für Praktiker: Persönlichkeitsanalysen sollen einen Report generieren, der in klaren, einfachen Sätzen und Grafiken die Ergebnisse darstellt, mit denen sowohl Personaler als auch Bewerber etwas anfangen können.
Wenn Sie als Entscheider einfach nur wissen möchten, welche Kompetenzen ein Bewerber hat, können Sie einen Leistungstest durchführen. Wollen Sie jedoch mehr wissen, z.B. ob seine Persönlichkeit zum Unternehmen passt (das setzt voraus, dass Sie auch Ihre eigene gut kennen!), sollten Sie in eine qualitätsvolle Analyse investieren.
Hier haben Sie zwei Möglichkeiten:
Sie nehmen ein Tool, das die Lebensmotive von Menschen aufzeigt, z.B. Hierbei erfahren Sie, was jemanden im Leben und im Beruf antreibt, welche Lebensmotive wie z.B. Sicherheit, soziales Engagement oder Einfluss für eine Bewerberin wichtig ist. Am besten haben Sie vorher einen Leitfaden erstellt, welche Motive für die Position wichtig sind. Motive zeigen Bedürfnisse: Entweder tut jemand alles, um sich ein Bedürfnis zu erfüllen, z.B. Sicherheit, oder er tut alles, um Situationen zu vermeiden, z.B. wenn sein Bedürfnis nach Ordnung sehr gering ist, wird er sich nicht für den Beruf des Buchhalters entscheiden.
Sie erfahren jedoch wenig über Kompetenzen und Charaktereigenschaften der Bewerberin. Im Coaching würde man mit Hilfe der Motive mit dem Klienten weiterarbeiten, was jedoch im Bewerbungsgespräch weder möglich ist noch ist es Ihre Aufgabe (möglicherweise aber später in der Personalentwicklung).
Daher ist die gute Möglichkeit einer guten Persönlichkeitsanalyse der LINC Personality Profiler (LPP) des Lüneburg Institute for Corporate Learning (LINC).
Hier basiert die Analyse auf drei Säulen: Die erste Säule bilden die Charaktereigenschaften auf der Basis der berühmten „Big Five“, die fünf zentrale Charakterdimensionen mit je zwei Polen erfassen (das ist neu!). Die zweite Säule sind die Motive und die dritte Kompetenzen. Kompetenzen sind Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen, die mit Leistung verbunden und erlernt sind und dazu beitragen, dass Menschen Probleme lösen können. Alle drei Säulen sind auf der Basis von Tausenden von unabhängigen Studien und Metaanalysen entstanden und zeigen das gesamte Bild der Persönlichkeit:
- Den Willen, ein Ziel zu erreichen (über die Motive)
- Wie jemand das Ziel erreichen kann (über die Charaktereigenschaften)
- Und ob jemand das Ziel erreicht (wenn er die notwendigen Kompetenzen besitzt).
Durch Personalentwicklungsmaßnahmen wie Coaching können Menschen lernen, ihre Charaktereigenschaften wahrzunehmen und zu nutzen sowie ihre Kompetenzen zu erweitern. Dabei gilt: Alle Merkmale sind positiv zu bewerten – wir sprechen über Stärken und entwickeln diese.
Sie als Entscheider im Unternehmen können also wählen, was Sie über Menschen erfahren möchten, die zum Erfolg eines Unternehmens beitragen sollen. Und: Was Ihre Mitarbeiter über Sie erfahren sollen! Fest steht: Je mehr ich – insbesondere als Führungskraft – über die menschliche Persönlichkeit weiß, desto besser kann ich führen und mit Menschen umgehen. Und das Beste: Ich vermeide Fehlentscheidungen bei Einstellungen von Führungskräften und Mitarbeitenden.
Möchten Sie mehr wissen? Hier noch ein paar Literatur- und Website-Tipps:
Franke, R., Puppatz, M. (2018): Persönlichkeitsentwicklung mit Analysetools
Kanning, U. P. (2014). Über die Unsinnigkeit von Typologien. Online-Kolumne Wirtschaftspsychologie.
https://www.haufe.de/personal/hr-mana....
Kanning, U. P. (2017). 50 Strategien, die falschen Mitarbeiter zu finden und wie Sie es besser machen können. Weinheim: Beltz.
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